Freitag, 27. April 2012

Rezension zu "Méto - Das Haus" von Yves Grevet


Tatsachenbericht trotz Ich-Erzähler

"Méto - Das Haus" von Yves Grevet ist der Auftakt zu einer aus Frankreich stammenden Jugendbuch-Trilogie, die sich wie so viele heutzutage mit dem Thema Dystopie beschäftigt.

Zum Inhalt: Méto ist einer von 64 Jungen, die gemeinsam nach strengen Regeln in einem Haus auf einer Insel leben. Wo sie gelebt haben, bevor sie ins Haus kamen, wissen sie nicht, und auch was aus denen wird, die zu groß geworden sind, wissen sie nicht. Die Jungen sind in vier farbige Gruppen eingeteilt und Méto ist mittlerweile ein Roter - einer der ältesten. Er spürt, dass auch für ihn bald das Ende seiner Zeit im Haus gekommen ist und beschließt rauszufinden, was danach kommt. Selbst wenn er dabei brutale Bestrafungen riskiert. Er ist bereit für einen Aufstand...

Auf der einen Seite hält der erste Teil der "Méto"-Reihe meiner Meinung nach absolut was er verspricht: Er ist düster, teilweise sehr brutal und bedrückend. Der Roman besticht durch eine sehr intensive Atmoshäre, welche die Spannung die ganze Zeit über hoch hält und den Roman, obwohl er als Jugendbuch ab 12 Jahren herausgegeben wird, durchaus All-Age-geeignet macht. Das System, in dem die Jungen, die bis auf Méto alle sehr klassische römische Vornamen tragen, leben, besteht aus sehr strengen, größtenteils sinnlosen Regeln, sehr brutalen und auch detailliert beschriebenen Ballspielen und der ständigen Angst, aufzufallen oder das fabrige Band, das sie manchmal tragen müssen, zu zerreißen. Man spürt beim Lesen die Angst und die Bedrohung, die dieses finstere und so sinnlos erscheinende Leben ohne Ziel bestimmen.

Méto, der Ich-Erzähler konnte mich nicht ganz so sehr begeistern, wie die Geschichte drum herum. Auf der einen Seite soll er der aufmüpfigste aller Jungen im Haus sein. Keiner der anderen wurde so oft und so hart bestraft wie er. Aber diese Aufmüpfigkeit gilt wohl nur gegenüber seinen Cäsar 1 bis 5 genannten Bewachern. Denn zu allen anderen ist Méto einfach nur nett. Nichts anderes. Nur, ausnahmslos, ausschließlich nett. Er möchte über alles reden, jedem vertrauen und jedem helfen. Ihm fehlen einfach die Ecken. Ein bisschen Wut, ein bisschen Arroganz oder ein bisschen Verzweiflung. Er ist immer kontrolliert und immer - ja, ich wiederhole mich, aber Méto wiederholt sich im Buch auch unentwegt - nett. Andere Charaktere wie sein ängstlicher Freund Marcus, der dominante Claudius oder der starke Titus waren für mich daher letztendlich interessanter als der Ich-Erzähler selbst.

Allerdings kommt dann auch noch der sprachliche Aspekt zum Tragen. "Méto" ist in einer jugendgerecht einfachen Sprache geschrieben, die aber die Atmosphäre des Romans insgesamt gut vermittelt und angenehm zu lesen ist. Was trotz Ich-Erzähler meiner Meinung nach ein wenig auf der Strecke blieb, waren die Emotionen. Es liest sich alles eher wie ein Tatsachenbericht der Dinge, die Méto tut. Größere Gedankengänge gibt es nicht. Méto entscheidet schnell, ohne abzuwägen oder den Leser ein bisschen tiefer in seinen Entscheidungsprozess blicken zu lassen. Auch die anderen Charaktere bleiben dadurch oberflächlicher als sie sein müssten. Die Erzählung ist daher insgesamt eher auf die gut durchdachte Handlung fokussiert, weniger auf die Charaktere, wodurch mir ein wenig die Tiefe fehlte.

Das lässt sich auch an den Eckdaten des Romans festmachen. Unter der dem interessant gestalteten Cover, das farblich und zeichnerisch an ein Retro-Design erinnert, verbirgt sich mit knapp 220 Seiten ohnehin kein sehr umfangreicher Text. Hinzu kommen noch ein für eine gebundene Ausgabe eher kleines Format und eine vergleichsweise große Schrift. Dabei enthält das Buch keine knappe Geschichte - sie wird nur einfach sehr schnell und fast ohne Gefühle oder viele Details zu den Handlungspersonen erzählt.

Mein Fazit: "Méto - Das Haus" ist ein sehr gelungener Auftakt einer düsteren Jugenbuch-Dystopie mit durchdachter Grundidee, in dem es oft brutal zugeht. Das einzige Problem für mich waren die fehlenden Emotionen. Trotz Ich-Erzähler und sehr intensiver Atmosphäre durch die gefährliche und ungewisse Lebenssituation der Jungen, las es sich eher wie ein Tatsachenbericht, sodass mir die Charaktere ein bisschen zu kurz kamen, wobei der Ich-Erzähler sich auch noch sehr einseitig als netter Fast-Heiliger präsentiert. Trotzdem ist die Geschichte sehr spannend und am Ende bleiben viele Fragen offen, sodass ich mir kaum vorstellen kann, das man Métos Geschichte nicht weiterverfolgen möchte. 
Ich kann den nächsten Teil, "Méto - Die Insel", der leider erst im Oktober 2012 erscheinen wird, jedenfalls kaum erwarten. 4 von 5 Sternen für diese düstere Dystopie.


Die Méto-Trilogie (Links zu Amazon.de):

Allgemeine Informationen

Ausgabe: Gebunden
Seiten: 224
Verlag : Deutscher Taschenbuchverlag (dtv)
ISBN: 978-3423625142
Preis: € [D] 14.95

Leseprobe und weitere Informationen auf der Verlagshomepage
  

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