Mittwoch, 29. Februar 2012

Rezension zu "Ich werde immer da sein, wo du auch bist" von Nina LaCour


Symbollastige Trauerbewältigung

"Ich werde immer da sein wo du auch bist" von Nina LaCour ist ein eher melancholisches Jugendroman, der sich mit Depressionen und Selbstmord befasst und mir trotz kleiner Kritikpunkte gut gefallen hat.

Zum Inhalt: Die 16-jährige Caitlin trauert um ihre beste Freundin Ingrid, die sich kurz vorm Schuljahresende das Leben nahm. Nach einem langen Urlaub mit den Eltern fällt es der Hobbyfotographin Caitlin schwer, wieder in die Schule zurückzukehren, in der sie so vieles an ihre Freundin erinnert und die Mitschüler und Lehrer nicht wissen, wie sie mit ihr umgehen sollen. Das neue Mädchen an der Schule, Dylan, und Taylor, an dem Caitlin schon länger Interesse hatte, helfen ihr ein wenig aus ihrem Tief, doch sie findet unter ihrem Bett auch Ingrids Tagebuch, aus dem sie erfährt, wie Ingrid in ihrer Depression die Welt gesehen hat, und macht sich Vorwürfe, weil sie es nicht bemerkt hat...

Größtenteils hat mir dieser Jugendroman wirklich gut gefallen. Die Sprache ist gut, locker und jugendlich authentisch, sodass ich das Buch flüssig lesen konnte. Die Stimmung ist melancholisch, die Ich-Erzählerin Caitlin kämpft mit sich selbst, ob sie glücklich sein darf und sich mit neuen Freunden amüsieren kann, obwohl sie den Tod ihrer besten Freundin nicht verhindern konnte.

Um Ingrid besser verstehen zu können, gibt es mehrere Passagen aus ihrem Tagebuch, die man als Leser gemeinsam mit Caitlin liest. Dort erzählt Ingrid von ihrer Traurigkeit, dem Gefühl nicht verstanden zu werden und der Sorge sich niemandem anvertrauen zu können. Die Tagebucheinträge waren immer sehr interessant und auch Caitlins Weg zurück in ihr altes Leben berührte mich und fesselte mich weitestgehend an das Buch. Einige Längen im Mittelteil gab es zwar, sie vielen aber nicht zu sehr ins Gewicht.

Etwas problematisch fand ich es, dass die Trauerbewältigung doch sehr sympolisch durch Fotos und Orte stattfindet und die traurige, zurückgezogene Caitlin sich bis auf wenige Gespräche selbst aus dem Loch ziehen muss. Ihre Entwicklung im Laufe des Romans war für mich vor allem in Anbetracht dessen, dass sie selbst gerade einmal 16 ist, nicht immer ganz glaubhaft, denn sie benimmt sich zwischendurch geradezu altklug. Damit verbunden ist meine Verwirrung über die konsequente Ablehung einer ersthaften Therapie für Caitlin, denn den Eltern müsste eigentlich auffallen, dass ihre Tochter selbst schwer traumatisiert ist und das auch hier symbolische Akte wie das Hinlegen einens Bretterhaufens vielleicht nicht der einzige Weg sind. Eine Therapie wird aber nur ganz am Rande kurz angeschnitten und direkt verworfen.
 
Neben einem Paperback, welches das selbe luftig-schöne Cover ziert wie die deutsche Ausgabe, gibt es vom englischen Original "Hold Still" noch ein weiteres Cover, dass mir durch die Verbindung zum Tagebuch durch die Schrift im Hintergrund sogar noch ein wenig besser gefällt. Auch die Übernahme des Originaltitel hätte ich in diesem Fall für sinnvoll gehalten. Zwar ist "Ich werde immer da sein, wo du auch bist" für den Inhalt der Geschichte schon treffend, aber vor allem ist er umständlich und unnötig lang, was mir nicht besonders gefällt.

Fazit: Eine symbollastige Trauerbewältigung. Sehr berührend und schön zu lesen, auch wenn ich die Ich-Erzählerin nicht immer ganz glaubhaft fand und mir etwas mehr handfesten Umgang mit dem Thema Trauer gewünscht hätte. 4 von 5 Sterne. 

"Ich werde immer da sein, wo du auch bist" von Nina LaCour bei Amazon.de (engl. Originaltitel: "Hold Still")

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